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Automobilität in Zeiten von Corona

Verantwortlicher Autor: Hubertus C. Tuczek München, 07.08.2020, 22:02 Uhr
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Corona-Einschränkungen drücken die Kauflust
Corona-Einschränkungen drücken die Kauflust  Bild: Hubertus C. Tuczek

München [ENA] Der Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie hat viele Branchen schwer getroffen. Aber auch danach kommt das Konsumverhalten nur langsam in Schwung. Der Risikopatient Automobil mit seinen Vorerkrankungen ist besonders gefährdet. Und Covid-19 ist noch lange nicht vorbei.

Zunächst die guten Nachrichten: Im Juli sind die Zulassungszahlen in Deutschland bis auf 5% wieder auf dem Vorjahresniveau angekommen. Was auch bedeutet, dass man die internationalen Zulieferketten für den Wiederanlauf der Fahrzeugproduktionen gut in den Griff bekommen hat. Allerdings wurden im zweiten Quartal weltweit ca. 45% weniger Fahrzeuge produziert. Es gab wochenlange Fabrikstilllegungen, während die Autohäuser im Lockdown waren. In der Folge haben die Autohersteller herbe Verluste hinnehmen müssen. Lediglich Toyota, die mit der halben Mitarbeiterzahl von VW (360.000 zu 670.000) ähnlich viele Fahrzeuge produzieren, konnten noch einen Profit erwirtschaften.

Auch die großen Zulieferer wie ZF, Conti und Schaeffler sind mit deutlichen Verlusten im 1. Halbjahr bei Umsatzeinbußen von bis zu 30% herausgekommen. Harte Kosteneinsparungen und Reduzierung von Personal sind die Konsequenz. Im Jahr 2018 wurden weltweit noch 94 Millionen Fahrzeuge produziert, so schnell werden solche Absatzzahlen wohl nicht wieder erreicht werden. Die Erwartungen für das 3. Quartal liegen auch noch bei 10 bis 20% unter dem Vorjahresniveau. Sollte das so eintreten, wäre praktisch Fahrzeugvolumen in der Größenordnung des gesamten europäischen Marktes für das Jahr 2020 verloren gegangen. Als Ergebnis gibt es aktuell Überkapazitäten für Millionen von Fahrzeugen, wodurch ein erheblicher Kostendruck auf den Unternehmen lastet.

Covid-19 ist aber auch ein Beschleuniger: Für die Transformationen der Unternehmen insgesamt in Verbindung mit dem Wandel hin zur E-Mobilität und Software-Systemen. So wird der Automobilzulieferer ZF laut seinem Chef Wolf-Henning Schneider zukünftig keine Komponenten für rein verbrennungsmotorische Antriebe mehr entwickeln. In den Zeiten von knappen Mitteln muss man Prioritäten setzen und neue Erlösquellen konsequent angehen. Denn die Krise hat schon vor der Pandemie begonnen. Jetzt allerdings ist der Handlungsdruck unausweichlich. Da wird auch die Digitalisierung zu einer willkommenen Gelegenheit Kosten einzusparen. Das will Daimler mit dem digitalen Ökosystem MO360 für eine effizientere Fertigung erreichen.

Der Clou des MO360 (Mercedes-Benz Cars Operations 360) liegt in der Vernetzung von Maschinen und Sensoren mit der Cloud über schnellen Mobilfunk (eigenes Campus-Netzwerk mit 5G) und einer Open-Source Software. Dadurch werden die Prozesse transparent, vernetzt und schlank. Jörg Burzer, Vorstand Produktion und SCM, erwartet damit mehr als 15% Effizienzsteigerung bis 2022. Durch agile Softwareentwicklung in kurzen Sprints werden Software-Release-Zyklen von nur 2 Wochen möglich, verspricht Jan Brecht, CIO bei Daimler. Ungewöhnlich für die sonst so reservierten Schwaben ist die Veröffentlichung des MO360-Frontend Toolkit auf Github.com und damit der Einbindung der weltweiten Community.

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